COLEO

Gemeinschaft für Coleopterologie e. V.

Coleo

20

1-3

2019

ISSN 1616-3281


Phoenix aus der Asche oder Carabus glabratus aus der Dose
(Insecta: Coleoptera: Carabidae)

Hans-Joachim Grunwald, Arnsberg


eingegangen: 15. Dezember 2019
Im WWW publiziert am: 09. 09. 2020

Zusammenfassung:

Zufallsfund des Carabus glabratus Payk., 1790 in einer weggeworfenen Getränkedose am Parkplatz „Kreuzeiche“ der Naturwaldzelle „Hellerberg“ im Arnsberger Wald.

Jeder von uns hat schon einmal unter kuriosen Umständen einen Käfer gefunden, mit dem er in diesem Moment absolut nicht gerechnet hatte. Hierüber und über viele andere entomologische Themen diskutierte unsere gemütliche Runde auf der Usedom-Exkursion 2014 nach dem Abendessen, bestehend aus den Coleanern Dr. Klaus Renner, Dr. Günter Hoffmann nebst Ehefrau Heike, den Eheleuten Dr. Hannes und Christel Günther, Marcel Mühlfeit und dem Verfasser. Dieser und Dr. Renner konnten z.B. einen Bericht über den Fund von 2 Carabus clathratus von Fehmarn beisteuern, als  die Vorexkursion für die im folgenden Jahr geplante Coleo-Hauptexkursion durchgeführt wurde. Im Ortsteil „Altenteil“ im Norden der Insel am Parkplatz ärgerten wir uns über rücksichtslos ins Gelände geworfene Bierflaschen, die der Verfasser schließlich nicht nur wegen des Pfandes einsammelte. Beim Ausschütten der Bierreste aus einer Flaschen fielen plötzlich 2 tote Caraben heraus, die sich bei näherer Untersuchung als Männchen und Weibchen des Carabus clathratus entpuppten. Diese hatten den Tod gefunden, als sie entweder angelockt vom Biergeruch oder auf der Suche nach einem Versteck in die Flasche gekrabbelt und dort ertrunken waren. Mit diesem Fund am Rande des Parkplatzes hatten wir nicht ansatzweise gerechnet.

Der Verfasser ist durch unsere Gespräche am Stammtisch auf Usedom und einen weiteren noch zu schildernden Umstand auf die Idee gekommen, diesen Artikel zu verfassen. Dr. Hannes Günther hatte nämlich als Geschenk für das Coleo-Literatur-Archiv einige Schriften mitgebracht, die in der Folgezeit ausgewertet und einsortiert wurden. Dabei stieß der Verfasser  auf einen Artikel vom Sammlerkollegen Dr. Manfred Niehuis von 1991, in dem dieser über eine achtlos im NSG weggeworfene Getränke-Dose als Käferfalle berichtete. In dieser waren 5 Carabus problematicus und 66 Geotrupes stercorosus verendet, wobei die Mistkäfer nach der plausiblen Schlussfolgerung des Autors nicht vom Süßgetränk, sondern vom Verwesungsgeruch der anderen Insekten angelockt worden waren.

Beim Lesen dieses Artikels, in dem zu recht unsere Wegwerfgesellschaft an den Pranger gestellt worden war, fiel dem Verfasser der eingangs genannte Fund ein, der am 18.5.2013 am Parkplatz „Kreuzeiche“ in der Naturwaldzelle „Hellerberg“ im Arnsberger Wald erfolgt war. Von diesem geschützt liegenden Parkplatz hat man nicht nur einen guten Zugang zu der Naturwaldzelle, vielmehr wird diese Örtlichkeit von Mountainbikern, Bikern und sonstigen Touristen gerne als Rastplatz genutzt. Da keine Mülltonnen aufgestellt sind, werden die Abfälle von den Besuchern einfach seitlich in die Büsche geworfen; der Höhepunkt der hier erfolgenden illegalen Abfallentsorgung war nicht etwa ein Satz Altreifen, sondern der komplette Inhalt eines Ferienhauses von der Möhne.

Jedenfalls entdeckte der Verfasser am 18.5. 2013 am Parkplatz einen Haufen leere Schnaps- und Weinflaschen, die er für den Glascontainer einsammelte, und eine leere Limonadendose. Aus dieser ertönte beim Aufheben ein Klappergeräusch, das natürlich die Neugier weckte. Beim vorsichtigen Ausschütten kam ein toter Laufkäfer zu Tage, der sofort anhand der Flügeldecken als Carabus glabratus angesprochen werden konnte. Mit dieser Art hatte der Verfasser in unserer Untersuchungsfläche bereits seit mehreren Jahren gerechnet, jedoch vergebens danach gesucht. So war die Freude über diesen Fund groß; irgendwie ging einem die Assoziation über „Phoenix aus der Asche“ bei diesem Überraschungsfund durch den Kopf.

Carabus glabratus ist nach Kenntnis des Verfassers und entsprechenden Nachweisen ein typischer Bewohner des Sauerlandes. Nach Arndt und Trautner (2004) ist diese Art ein Waldbewohner vom Flachland bis ins Gebirge, verbreitet in Mittel-, Nord- und Osteuropa bis Sibirien und kann zumindest regional als Indikator für lange zurückreichende Waldtradition benannt werden. Dies dürfte bei der Naturwaldzelle „Hellerberg“ als altem Hudewald zutreffen. In der „Roten Liste“ NRW (Hannig und Kaiser, Stand Dezember 2010) wird der Käfer als gefährdet (Kategorie 3) eingestuft. Mit diesem Zufallsfund kann die vorläufige Laufkäferliste des Verfassers von 2011 ergänzt werden; nunmehr sind in der Naturwaldzelle 6 Carabusarten nachgewiesen (C. auronitens, C. granulatus, C. violaceus, C. Problematicus, C.  nemoralis und nun C.  glabratus). Eine weitere Ergänzung der Liste von 2011 ist geplant, denn es sind zwischenzeitlich einige neue kleine Carabidenarten nachgewiesen worden.

Literatur:

Arndt, E. und Trautner, J. (2004) – Carabinae (Carabini) in: Die Käfer Mitteleuropas, begründet von Freude/Harde/Lohse, Bd.2.

Grunwald, H.-J. (2011) – Laufkäfer der „Naturwaldzelle Hellerberg“ im Arnsberger Wald, Coleo-Publikation 2011,

Hannig, K. und Kaiser, M. (2010) – Rote Liste und Artenverzeichnis der Laufkäfer – Carabidae – in Nordrhein-Westfalen, 2.Fassung Stand Dez.2010

Niehuis, M. (1991) – Fanta-Dose als Käferfalle (Insecta: Coleoptera) Fauna Flora Rheinland-Pfalz 6, Heft 2, 573 ff.